Zur Darstellung des Veränderlichen, des Ereignishaften in der „Zeit“ fügt die „Kinetische Kunst“ der Dreidimensionalität von Masse und Raum als vierten Wert die Dimension der Bewegung hinzu. Die im Eingangsbereich zur Mensa des Landesgymnasiums St. Afra in Meißen aufgestellte Skulptur – RIGHT ANGLE III – entfaltet ihre dreidimensionale und raumgreifende Wirkung durch die Bewegung ihrer windkinetischen Elemente. Im statischen und dynamischen Wechselspiel von Balance und Schwerkraft entsteht eine zeichenhaft lyrische Choreografie von schwingenden und kreisenden Rhythmen, unerwartet miteinander korrespondierend, eine tänzerische Improvisation, angeregt von der Energie des Windes.
Über einem leicht geneigten statischen Basiselement sind zwei pendelnde Flügel in gegenseitigem Gleichgewicht angeordnet. Die leichte Schrägstellung richtet den Bewegungsraum harmonisch aus, mindert die statische und steigert die dynamische Anmutung. Die wechselnde Kraft des Windes erzeugt Bewegung und bremst sie zugleich. Ein bewegliches Element schwingt auf einem sich schon bewegenden Element, ihre Bewegungen addieren sich unaufhörlich im Raum. Die “innere Geometrie“ des Objektes gibt mit ihren vertikalen und horizontalen Richtungen der Choreografie ihre Struktur. Während des freien Bewegungsspiels werden so immer wieder geordnete Raumkonfigurationen gebildet. Die metallischen Flächen spiegeln in ihrer permanenten Richtungsänderung Licht und Farbe der Umgebung.
Der künstlerische Sinn der Skulptur liegt wesentlich in der Bewegung. Ihre Eigenart ist langsam, leise und leicht und falls eine Interpretation nötig wäre, könnte man sagen: Das „Langsame“ steht für eine kritische Position gegenüber ständig wachsender Beschleunigung aller Lebensbereiche, das „Leise“, aus der Stille entwickelte, steht für das Verfeinern der Wahrnehmung durch Konzentration und Besinnung und das „Leichte“ schwerelose steht für den sparsamen Gebrauch von Ressourcen, die Verwendung von Materialien und Energien nach ökologischen Kriterien.
Die Skulptur findet ihren Standort am Beginn der Treppe zum Innenhof der Mensa. Während des Bewegungsablaufs kommen immer wieder abwärts und aufwärts gerichtete Phasen vor. Die Skulptur ist an ihrem Standort so ausgerichtet, daß sie mit diesen Bewegungsgesten zwischen tiefer liegendem Innenhof und höher liegendem Vorfeld Beziehung herstellt. Vom Innenhof her sind die Bewegungsfiguren gegen den Himmel zu sehen, von anderen Standpunkten aus betrachtet, wirkt die Skulptur als Zeichen mit Fernwirkung für den zentralen Ort der Mensa und reflektiert mit ihrer geometrischen Struktur die architektonische Sachlichkeit der umliegenden Bauten und mit ihrer weichen Bewegungscharakteristik die umgebende Landschaft.
Mit der Balance in der Bewegung vergleichbar, folgen die Proportionen der Skulptur einem ausgewogenen ästhetischen Prinzip. Die Länge des Basiselements und die Länge eines Flügels stehen im Verhältnis des „Goldenen Schnitt“ (The Golden Sektion) zueinander. Ebenso folgt das Verhältnis der Gesamthöhe der Skulptur zur Länge der Einzelelemente diesem harmonischen Verhältnis. In Zahlen ausgedrückt ist dieses Verhältnis mit 1:1,618 definiert.